Interview: Dr. Muluye Getaneh, Chirurg am General Hospital Lalibela, Äthiopien

„Muluye, zwei Wochen durften wir am Krankenhaus in Lalibela verbringen. Zunächst einmal vielen Dank für die Gastfreundschaft an dich und dein ganzes Team. Eine beeindruckende Arbeit, die Ihr leistet. Wir würden gern mehr erfahren. Erzähl uns von deinem beruflichen Weg!“

„Ich bin Dr. Muluye Getaneh, 38 Jahre alt. Ich bin als achtes Kind einer Bauernfamilie aufgewachsen. Die Erziehung zuhause war auf der einen Seite geprägt vom Landleben, auf der anderen Seite gab es auch so etwas, was ich akademisches Streben nennen würde. Ich habe beides gern gemocht.

Ich wollte schon damals einen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in meinem Land leisten. Also habe ich mich an der Universität Hawasa eingeschrieben und meinen Abschluss in medizinischer Labortechnik gemacht.“

Wie war die Arbeit in diesem Bereich? Was waren dann die Gründe für ein weiteres Studium?

„Ich habe einige Jahre als Labortechniker gearbeitet. Ich lernte damals die harte Realität der Ungleichheiten im Gesundheitswesen kennen. Ich wurde Zeuge davon, welche Kämpfe mittellose Patienten auszufechten hatten, wenn ihnen der Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung verwehrt wurde. Das waren prägende Erfahrungen.

Und so wuchs in mir der Wille, etwas zu verändern.


Also schrieb ich mich im Jahr 2014 für ein Medizinstudium ein. Fünf Jahre habe ich intensiv studiert, wurde zunächst Allgemeinmediziner. Ich habe viel gearbeitet. Wirklich mit Hingabe und – wie ich finde – mit viel Einfühlungsvermögen.

Vor allen in den ländlichen Regionen, in den kleinen Gemeinden, gab es grundsätzlich einen Mangel an medizinischen Fachkräften, insbesondere an Chirurgen. Mich haben diese Probleme in der Gesundheitsinfrastruktur immer sehr beschäftigt.“

Kannst du ein Beispiel nennen?

„Ja. Dass Patienten für lebensrettende Operationen in weit entfernte Städte überwiesen werden. Teilweise 500 Kilometer entfernt über einfachste Straßen. Weil es in ihrer Nähe keine chirurgischen Fachkräfte gibt. Solche Erfahrungen, die sich täglich boten, haben mich dazu bewogen, mich auf Allgemeinchirurgie zu spezialisieren.

An der Universität Bahir habe ich dann vier weitere Jahre lang meine Ausbildung zum Facharzt für Chirurgie absolviert.“

Arbeit am Krankenhaus in Lalibela, Äthiopien. In zwei gemeinsamen Wochen haben unsere chirurgischen Teams über 30 Patienten operiert. Impressionen aus dieser Zeit.

Jetzt arbeitest du im Lalibela General Hospital. Welche Herausforderungen gibt es dort und was treibt dich weiter an?

„Ja genau. Ich arbeite am Lalibela General Hospital als Allgemeinchirurg. Ich operiere täglich Patienten – unermüdlich würde ich sagen – zusammen mit meinem Team. Wir stellen uns den täglichen Herausforderungen, die sich aus den begrenzten Ressourcen und der Infrastruktur ergeben. Ein enger Operationssaal, veraltete Ausrüstung, unzureichende medizinische Versorgung. Dennoch ist mein persönliches Engagement und das meiner Kolleginnen und Kollegen ungebrochen.

Und das Engagement geht über den Operationssaal hinaus. Ich setze mich auch weiterhin für einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung und für Ressourcen für unterversorgte Gemeinden ein. Ich finde trotz aller Hindernisse und Unzulänglichkeiten Erfüllung in meiner Arbeit. In der Möglichkeit, Leiden zu lindern und Patienten wieder Hoffnung zu geben.“

Danke für das spannende Gespräch. Alles Gute für dich und euch. Bis bald!

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