Unterstützung für Sokal: Ukraine Tour 20 März 2025 bis 23 März 2025

Von Matthias Straub und Jochem Savelsberg

Vorbereitungen

Wir haben Schul-Wandtafeln, Kartons mit Kinderkleidung, medizinische Utensilien, einen Wasserfilter, den man einsetzen kann, um sogar Wasser aus einer Pfütze noch genießbar zu machen, Fahrräder und andere humanitäre Hilfsgüter geladen.

Das beladen war eine Reise-Odyssee für sich. Hilfsgüter aus Düsseldorf, von einer Ngo in Holland, von Tabea Swisttal, Meckenheim, Bonn Tannenbusch, usw. Mal im Sprinter geholt mal im Caddy mal im Anhänger. Final alles in Holland gepackt. 

Wir haben lange auf eine Ambulanz Ausrüstung aus China gewartet aber im letzten Moment doch noch entschieden sie erst bei einer der nächsten Touren mitzunehmen.

Wandtafeln sind mit an Bord

Beim Ausfuhrzoll

Die Ladeliste verändert sich mehrmals, die Reiseroute ebenfalls. Rein in die Kartoffeln raus aus den Kartoffeln, wie man so schön sagt.

Daniel hat dementsprechend die Zollerklärungen im Vorfeld mehrfach abgegeben. Als ich die Zollpapiere für unsere Reise in Königswinter abhole, bekomme ich noch einen amtlichen Hinweis: „Da gibt es mehrere Erklärungen, welche gilt denn nun?“

Ich werde gebeten die nicht relevanten Unterlagen doch bitte aus dem System zu entfernen. Klar, machen wir.

Ich frage noch ob man mal in den Sprinter und Anhänger schauen will, aber das ist wohl nicht notwendig. Ich bin also nach ca. 15 Minuten schon wieder weg. Das ist bislang der effizienteste und schnellste Weg den Ausfuhrzoll zu erledigen. Besser Königswinter ohne Bezahlung als Polen mit Gebühren.

Sprinter und Anhänger-Check in der Werkstatt CarImpuls

Der Sprinter wird am Tag zuvor noch einmal von unserem bewehrten KFZ-Meister von CarImpuls Bonn durchgecheckt. Alles in Ordnung außer einer kleinen Lampe die ersetzt werden muss. Alle Reifen inklusive Anhänger noch einmal dem Ladegewicht entsprechend mit Luft versorgt und ich kann zufrieden vom Gelände unserer Partner Garage CarImpuls fahren.

Kaum vom Gelände leuchtet ein Warnsignal auf: Irgendetwas stimmt wieder mit dem Licht nicht. Ich fahre zurück und lasse eine defekte Birne im Frontscheinwerfer ersetzen. 

Abfahrt

Wir treffen uns früh um 06.50 Uhr in Mehlem. Die Sonne scheint und Jochem und ich machen uns gut gelaunt auf den Weg via B9 nach Koblenz dann weiter über die A3 Richtung Frankfurt und dann Richtung Kassel, Jena, Gera, nach Polen. Der Sprinter läuft wie ein Uhrwerk. Außer einigen Staus kommen wir gut voran und kommen nach 13.5 Stunden in unserem Hotel an.

Auf dem Weg gute Gelegenheit mal wieder Gedanken auszutauschen über Gott und die Welt und den alltäglichen Wahnsinn.

Im Hotel bei Krakow in Polen

Wir finden in dem kleinen Hotel ein gemütliches Restaurant und werden prima bedient.

Der Wirt spricht überraschenderweise verständliches Englisch, ist stolz schon einmal in den USA gewesen zu sein und ist Harley Fahrer. Na Bingo. Das wird nicht langweilig.

Bei Bier und einer Probe von ihm empfohlenen pestizidfreien Vodka aus Kartoffeln, der deshalb besonders gesund sei, geht die Unterhaltung so seinen Gang.

Es stellt sich heraus, dass er nichts von Corona Impfungen hält. „Die in Rumänien sind ja auch ohne Impfung gut durchgekommen.“

Trump findet er prima, weil er den Deutschen schon 2014 gesagt habe, wo der Hammer hängt und der Krieg in der Ukraine schon damals begonnen habe. Ich sage ihm, dass da unsere Meinungen doch etwas auseinandergehen. Er nimmt das murmelnd zur Kenntnis. Und dann einigen wir uns doch noch darauf, dass Trump zumindest Europa wachgerüttelt hat.

Dann zeigt er mir ein Foto seiner Harley und ich ihm eines meiner verkauften Ducati. Er fügt hinzu er habe während der Corona Zeit fast ganz Europa mit seiner Harley bereist, quasi im ständig im Transit. Wenn er angehalten wurde, sagt er, dass er auf der Durchreise ist, und man winkt ihn durch. Er war in Berlin, Prag und anderen größeren Städten. Und es sei billig gewesen. Irgendwie ein sympathischer Zeitgenosse, geradeaus, etwas ungehobelt aber erfrischend unkompliziert.

Gelegentlich, sagt er, muss er dann mal raus und dann übernehmen andere den Laden und dann setzt er sich auf seine Harley und ist dann mal weg. Ich denke: Das fehlt mir eigentlich auch.

Auf dem Weg zur Grenze

Die Nacht ist ruhig. Wir haben Frühstück für 7.00 Uhr bestellt. Wir sind prima versorgt. Mit Hilfe des Wirts gelingt es mir noch die ukrainische Zollerklärung zu drucken die nach unserer Abfahrt in meiner E-Mail Box gelandet ist.

Um ca. 07.45 Uhr sitzen wir wieder im Sprinter und machen uns Richtung Grenze auf den Weg.

Als wir vom Gelände fahren, sehen wir auf Laufabstand einen Parkplatz für LKWs. Sie stehen vor diversen Bars ohne Zimmerangebot. Das reicht dem Trucker natürlich, sein Bett bringt er ja schon mit.  Dort kann man in jedem Fall einfacher parken als vor dem Hotel. Wir merken uns den Parkplatz für das nächste Mal.

Um 11:50 Uhr sind wir an der Grenze.

Grenzkontrolle

Wir kommen zügig voran. Auf der polnischen Seite kommt erst die Grenzkontrolle. Ich kenne den Beamten von früher. Er mich wahrscheinlich nicht. “Open! What is in there?” “Humanitarian aid”. “Wappons?” “No, of course not!”

Es geht zum Zoll. Die Ausfuhrpapiere werden kontrolliert, ich habe noch Bedenken wegen des deutschsprachigen Ausfuhrdokuments, die sich allerdings als unbegründet herausstellen. Der Pole spricht in deutscher Sprache, zwar mit schwerem Akzent aber immerhin: “Alles in Ordnung. Gute Fahrt!” Ich zeige mich überrascht und sage: “Sie sprechen ja gut Deutsch!” “Ja ein wenig” sagt er stolz.

Auf zur ukrainischen Seite. Dort geben wir die Papiere ab. Sie tippen was ins System. Der Inhalt der Fahrzeuge wird grob kontrolliert, dann geht es zum Zoll. Marjana von Karitas Sokal hat ein Formular vorbereitet, das wir im Hotel ja gedruckt hatten. Das Formular wird abgestempelt, noch einen Einreisestempel in den Pass. Dann wird uns ein militärischer Laufzettel ausgehändigt und dann sind wir durch. Um 13:45 Uhr. Weniger als 2 Stunden. Insgesamt sind die Prozeduren effektiver geworden, weniger Chaos, finde ich.

Auf dem Weg nach Sokal

Wir sind auf dem Weg nach Sokal. Bei der Karitas werden wir schon erwartet, es gibt etwas Kaffee und Kuchen, wir treffen noch zwei Engländer die einen Allrad angetriebenen Pickup für einen Spottpreis erworben haben und ihn inklusiver humanitärer Ladung in die Ukraine bringen.  Sie sind nach Charkiw unterwegs. Wie sie zurückkommen wollen, wissen sie noch nicht.

Wir tauschen einige Erfahrungen aus und laden die Schultafeln, die Fahrräder und einige medizinische Hilfsgüter aus. Der Wasserfilter bleibt auch bei der Karitas und soll Front nah zum Einsatz kommen. Natürlich sind die Sachen, die wir auspacken wollen unter den anderen Paketen versteckt und wir laden fast alles aus und wieder ein. Wir haben das Fitness Programm damit für der Tag erledigt.

Dann parken wir den Sprinter mit Anhänger und fahren zum Rathaus, wo der Bürgermeister schon auf uns wartet.

Im Rathaus

Der Bürgermeister erklärt uns seine Pläne für einen Industriepark in Sokal, für Agrarwirtschaft und liierte weiterverarbeitende Industrie. Der Plan wird demnächst schriftlich weiterentwickelt und uns zur Verfügung gestellt wird uns versprochen. Ebenso ein Bericht den der Bürgermeister über die Industrie am Standort Sokal angefertigt hat. Das klingt vielversprechend.

Wir denken diese Pläne für die Umsetzung der City Partnerschaft zwischen Alfter und Sokal mit in die weiteren Überlegungen und Gespräche zu nehmen. Wir vereinbaren uns gegenseitig abzustimmen und die erwarteten Dokumente in die deutsche Sprache zu übersetzen.

Falls sich interessierte Firmen in Alfter finden sollten, die an einer Ausbreitung ihres Kerngeschäfts interessiert sind, wäre das für beide Seiten möglicherweise eine sehr interessante und lukrative Option der Zusammenarbeit.  Man erklärt uns, dass es am Standort Sokal bereits 5 Firmen gibt, die ihren Firmensitz in Europa haben und in Sokal für den europäischen Markt produzieren. Hört sich gut an.

Wir planen nun aber erst einmal kleinere Projektideen in die Tat umzusetzen, wie die Erweiterung des Second Hand Ladens der Karitas in Sokal der immer wieder Nachschub an humanitären Hilfsgütern benötigt. Wir haben dieses Mal einiges für diesen Zweck mitgenommen.

Anschließend gehen wir zum Abendessen und dann ins Hotel. Die Nacht ist Gott sei Dank ruhig, keine Sirenen diesmal und kein Stromausfall.

Der Second Hand Shop

Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Sprinter und Anhänger zum Second Hand Shop der Karitas und laden alle mitgebrachten Hilfsgüter aus. Sie werden dankbar entgegengenommen.

Alle Hilfsgüter, die der Second Hand Shop bekommt, werden ohne Entgelt an notleidende Menschen verteilt. Die Empfänger werden handschriftlich und namentlich mit Hintergrund der Spendenbedürftigkeit in ein Buch eingetragen. 

Das ist ein prima Projekt, dass hoffentlich noch einige Zeit von uns unterstützt werden kann. Dann aber womöglich mit vereinten Kräften, inklusive einiger Mitarbeiter der Städte Partnerschaftlichen Initiative.

Wir fahren mit neuen Eindrücken am späten Vormittag wieder Richtung Grenze, passieren den Militärischen Kontrollpunkt vor der Grenze und sind nach etwa zwei Stunden wieder in Polen inklusive eines Truck Scans auf der Einfuhrseite in die Europäische Union.

Auf dem Weg: “Open!” Ein Schwall weiterer polnischer Sprachfetzen ergießt sich über uns. Ich bin versucht zu entgegnen “Issig nix verstehen…” Aber ich halte mich zurück.

Die auf der „Ausreise-Seite“ waren der englischen oder deutschen Sprache mächtig. Die Beamten auf der europäischen „Einreise-Seite“ weniger. Einreise in die EU ist schwieriger als Ausreise aus der EU. Inklusive Truck-Scan. Ich bin nicht überrascht.

Auf dem Weg zurück

Die Touren werden zur Routine verändern sich aber inhaltlich. Im nächsten Schritt brauchen wir konkrete Informationen über die Interessenlage und die Möglichkeiten der Industrie in Alfter und Sokal zur weiteren Zusammenarbeit.

Die sprachliche Barriere ist allerdings immer wieder ein großes Thema. Transparent und zügig miteinander zu kommunizieren, bleibt eine Herausforderung. Wir hoffen auf talentierte Mitarbeiter auf beiden Seiten.

Übrigens: Ich habe einen neuen Reisepass! Es passen also noch viele Stempel rein. Die Ukrainer haben die ersten zwei schon mal reingedrückt. Auf die Letzte Seite. Ob das etwas bedeutet, weiß ich nicht. Vielleicht hört das Stempeln ja auch mal auf an diesem Grenzübergang. Es wäre zu wünschen.

Weitere Infos

Einblicke in unser Programm „Humanitäre Hilfen“
Ukraine-News und Berichte

Dr. Matthias Straub

Projektkoordinator

Email an Matthias